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BeitragVerfasst: Fr 20. Jul 2012, 14:14 
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Nachdem auf Basis geleakter Verhandlungsdokumente öffentlich wurde, dass sich im Entwurf für das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) zwischen der EU und Kanada teils wörtliche Übernahmen aus ACTA fanden (“ACTA-Comeback durch die kanadische Hintertür CETA?“), beeilte sich die EU-Kommission über den Sprecher von EU-Handelskommissar Karel De Gucht diesen Umstand zu dementieren (“EU-Kommission: CETA ist nicht ACTA“):

John Clancy @EUJohnClancy
@mgeist @laquadrature #ACTA internet articles 27.3 and 27.4 are not part of current #CETA text. The leaked text is from Feb and has changed

Copyright-Forscher Michael Geist, der die geleakten Dokumente einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte, berichtet nun auf seinem Blog von einem ausführlicheren Schreiben der Kommission zum Thema, das an ausgewählte Parlamentarier ging und für weitere Beruhigung sorgen soll. Geist listet daraus unter anderem die folgenden Punkte (alle Übersetzungen von mir):

Alle von der EU verhandelten Freihandelsabkommen enthalten Kapitel zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten, CETA sei hier keine Ausnahme.
Die Kommission respektiere die Ablehnung von ACTA durch das EU-Parlmanet und werde die entsprechenden Stellen in CETA entfernen oder adaptieren.
Der geleakte Text ist vom Februar 2012 und deshalb veraltet, weil aus der Zeit der ACTA-Abstimmung. Er stelle nicht mehr den aktuellen Verhandlungsstand dar. Beispielsweise seien die Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung im Internet bereits weiterentwickelt.
Die endgültige Form des Kapitels zu geistigen Eigentumsrechten in CETA werde wahrscheinlich sehr ähnlich dem entsprechenden Kapitel im Freihandelsabkommen mit Südkorea sein, das mit einer breiten Mehrheit im Parlament angenommen wurde und seit einem Jahr in Kraft ist.

Michael Geist zu Folge bleiben aber trotz dieser Mitteilung der Kommission weiterhin eine Reihe von problematischen Punkten und er nennt seinerseits weiterhin bestehender Bedenken im Zusammenhang mit CETA – klarerweise vor allem aus kanadischer Perspektive:

Kanada wird sich nicht auf die Bedingungen des Abkommens mit Südkorea einlassen, weil damit (zu) großer Änderungsbedarf in kanadischem Recht, vor allem im Bereich des Immaterialgüterrechts, einherginge.
In mancher Hinsicht wären – vor allem aus kanadischer Perspektive – Bestimmungen des Südkorea-Abkommens noch problematischer als ACTA. So wäre damit eine Verlängerung von Schutzfristen in Kanada um weitere 20 Jahre verbunden. Geist weist in diesem Zusammenhang völlig zu Recht darauf hin, dass das Südkorea-Abkommen zu einer Zeit im Parlament durchgewunken wurde, als Öffentlichkeit wie Parlamentarier für Fragen von Immaterialgüterrechten noch weit weniger sensibilisiert waren.
Das Südkorea-Abkommen erlaubt explizit die Einführung von Netzsperren oder Three-Strikes-Regelungen – was wenig überraschend ist, werden die doch in einigen europäischen Staaten angewandt. In Kanada ist das aber bislang nicht der Fall.
Auch außerhalb der Klauseln zum Thema Internet-Providerhaftung finden sich problematische Bestimmungen im CETA-Entwurf. So gehen beispielsweise die Bestimmungen zum Schutz von Kopierschutztechnologien (DRM) in ACTA/CETA über jene im Südkorea-Abkommen hinaus.
Sowohl in ACTA als auch in den Entwürfen zu CETA enthalten sind Ausdehnungen im Bereich strafrechtlicher Sanktionen, die ebenfalls über das Niveau des Südkorea-Abkommens hinausgehen.
ACTA, CETA und auch das Südkorea-Abkommen haben alle gemeinsam, dass sie intransparent im Geheimen verhandelt wurden bzw. werden.

Aus europäischer Sicht zeigt die Liste von Michael Geist, warum das zentrale Argument der ACTA-Befürworter, ACTA würde keine großen Änderungen in nationalen Rechtsordnungen erfordern, so problematisch ist. Denn am kanadischen Beispiel wird ersichtlich, wie weitreichend die bestehenden Immaterialgüterrechte in Europa im Vergleich mit anderen Rechtsräumen bereits sind. Notwendige Reformen angesichts der Digitalisierung werden allerdings mit jedem neuen internationalen Vertrag auf dieser Basis immer schwerer.

Sinnvoll scheint angesichts dessen ein Moratorium über Verhandlung von internationalen Abkommen zum Thema Immaterialgüterrechte zu verhängen, bis die Auswirkungen des bestehenden Rechtsrahmens durch unabhängige Studien evaluiert worden ist und die diesbezügliche Reformdebatte innerhalb der EU – zum Beispiel was die Öffnung des Katalogs an Urheberrechtsschranken oder Regelungen zu verwaisten Werken betrifft – erste Ergebnisse vorzuweisen hat. Denn bevor das der Fall ist, macht es keinen Sinn, das unzeitgemäße europäische Immaterialgüterrecht weiterhin in den Rest der Welt exportieren zu wollen.

https://netzpolitik.org/2012/ceta-eu-ko ... ist-warnt/

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@Anon_MisterX


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