Der Nachrichtendienst Blackberry Messenger der Firma Research In Motion (RIM) soll laut britischen Medien und Politikern für die Ausbreitung der Krawalle in London mitverantwortlich sein. Zeitungen berichteten, dass sich Jugendbanden bei den letzten Unruhen in nordenglischen Städten mit Blackberry-Handys koordiniert hätten.Der Messenger funktioniert ausschließlich mit Blackberry-Handys und ermöglicht eine verschlüsselte Übertragung von Nachrichten, Videos und Bildern. Dass die Firma RIM auf einem offiziellen Twitter-Account für Großbritannien bekanntgab, mit den Behörden kooperieren zu wollen, dürfte manchen Aktivisten nicht geschmeckt haben. Die Gruppe TeaMp0isoN hackte nach eigenen Angaben den offiziellen Blackberry-Weblog der Firma und platzierte eine Nachricht auf der Homepage (Originaltext siehe Info-Box rechts).
Hacker drohen, Mitarbeiterdaten zu veröffentlichen
Die Hacker drohen, Zugriff auf eine Datenbank von RIM zu haben, konkret auf Adressen, Namen und Telefonnummern von Mitarbeitern. Für den Fall, dass RIM die Daten an die Polizei weitergibt, droht die Hackergruppe die Mitarbeiter-Daten zu veröffentlichen. Post Skriptum stellen die Aktivisten klar, dass sie Attacken gegen unschuldige Personen und Plünderungen von kleinen Geschäften nicht gutheißen würden. Sie unterstützen aber laut eigenen Aussagen alle Randalierer, die sich an den Angriffen auf Polizei und Regierung beteiligen.
Abgeordneter fordert Abschalten des Messengers
Der Parlamentarier David Lammy forderte über Twitter und BBC-Rundfunk, den Nachrichtendienst von Blackberry komplett abzudrehen. Laut Experten ist es unsicher, ob die Firma technisch überhaupt in der Lage ist, die Nachrichten zu entschlüsseln. "Die Leute von RIM haben immer behauptet, dass sie Nachrichten nicht entschlüsseln können, die durch ihre Server geschickt werden", sagte Sameet Kanade, eine Sicherheitsexperte der Firma Northern Securities in Toronto. Dass dies dem Unternehmen wohl schon möglich ist, lassen die Bestrebungen mancher Staaten vermuten, diese Daten zu überwachen.
RIMs Verschlüsselung wieder in der Öffentlichkeit
Mit Zensurvorhaben staatlicher Stellen hat RIM schon einige Erfahrung: Beinahe wurde dem Unternehmen in Saudi-Arabien der Verkauf von Blackberrys untersagt. RIM und die saudischen Regierung fanden nach Berichten der New York Times jedoch einen Kompromiss. Angesichts der "positiven Entwicklungen bei der Erfüllung der regulatorischen Erfordernisse" habe sich die Regulierungsbehörde entschieden, BlackBerry Messenger Service weiter zu erlauben, zitiert die Times das dafür zuständige saudische Ministerium im August 2010.
Auch in Indien und Indonesien war es zu ähnlichen Übereinkünften gekommen. RIM hatte sich laut Berichten der Wochenzeitung "Die Zeit" Online dem Druck der indischen Regierung gebeugt. Künftig würde die Überwachung des Messenger-Verkehrs von Privatkunden zugelassen, schrieb "Die Zeit" im Jänner dieses Jahres. Im April 2011 hatte der Co-CEO von RIM, Mike Lazaridis, ein Interview mit einem BBC-Korrespondenten abgebrochen, nachdem dieser ihn auf die Sicherheit der Blackberry-Dienste in Indien angesprochen hatte.
Blackberry bei britischen Jugendlichen beliebt
Blackberry hat bei Smartphones einen Marktanteil von rund 28 Prozent in Großbritannien. Während die Verkäufe des kanadischen Mobiltelefon-Konzerns RIM in anderen Ländern fallen, erfreuen sich die Geräte besonders bei britischen Jugendlichen großer Beliebtheit. Dies sei auf die große Anziehungskraft des verschlüsselten Nachrichtendienst Blackberry Messenger zurückzuführen, hieß es vor dem Ausbruch der Unruhen von Blackberry-Managern.